Mittwoch, 30. Oktober 2013

[27] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Wie Jakuten im Winter reisen und auf Jagd gehen
Nachdem wir auf diese Reise gereist waren, hatten wir vom frühen Morgen bis zum Abend mit genauer Noth einen Kös zurückgelegt. Mit dieser Art zu reisen kamen wir über das, 10 Kös sich zu erstreckende Schneehindernis erst nach einer Reise von 10 Tagen hinüber.

An allen diesen Tagen bestiegen wir höchst selten unsere Pferde in Folge der heftigen Bewegungen, die das Pferd in dem, mit einer harten Rinde bedeckten Schnee macht, hält man sich mit Mühe im Sattel fest; dieses verursacht Einem unerträgliche Müdigkeit. Aus diesem Grunde legten wir meisentheils unsere Schneeschuhe an und gingen zu Fuss, um die Wahrheit zu sagen, uns im Schweisse badend.

Die beiden Ufer des Fluss Utschur sind senkrechte Felsen. Am Fusse dieser Felsen pflegt ein sich hier und da findender schmaler Saum mit einem hohen, bröckligen, schwarzen Absturz in Verbindung zu stehen. Auf diesen schwarzen Absturz kann ein bepacktes Pferd unmöglich hinaufkommen.

Samstag, 26. Oktober 2013

[26] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien


Lage des Utschur (Учур) im Einzugsgebiet des Aldan

Hier muss ich bemerken, dass unter den Beschwerden einer Winterreise es Einem ganz unerträglich ist, sich mitten in der schneidenden Kälte auszukleiden und zu Bette zu legen; dass es aber noch dreimal unerträglicher als dieses ist, am Morgen aufzustehen, dieses zu ertragen, ohne krank zu werden, muss man von einem eisengleichen, feste Körper sein.

Ich trinke keine stark berauschenden Getränke, kenn demnach die Hülfe, die sie dem Menschen erweisen, nicht. Ich bin der Meinung, dass der Mensch nicht am Leben bleiben würde, wenn es auf einer solchen Reise keinen Thee gäbe. Ich rechne die Jakuten und Tungusen nicht hierher: diese, die auf dem Schnee geboren  und entstanden sind, bringen auf ihren Reisen aus Gewohnheit drei Tage sogar, ohne inzwischen zu essen zu.

Nachdem wir drei bis vier Tage gereist waren, langten wir am Ufer des grossen Flusses Utschur von der rechten Seite in den Aldan ergiesst. Hier machten wir in einer Tungusenjurte Halt und hörten, dass vom Ausfluss des Utschur nach der Gegend hin, wohin wir zu reisen hatten, auf einer Ausdehnung von 10 Kös der Schnee sieben Spannen hoch gefallen, und dass es unmöglich wäre, diesen Schnee zu bewältigen und zu reisen. Diese Nachricht brachte uns in grosse Verlegenheit: wir hatten keine Vorschrift umzukehren, und um den Schnee zu umgehen, war nur eine Stelle da.

Sonntag, 20. Oktober 2013

[25] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Es war Februar, dessen ungeachtet hatte die Kälte noch nicht im Geringsten nachgelassen. Die Kälte überstieg, nach dem Dinge, womit die Russen die Kälte messen, die Zahl dreissig, als ich aus der Stadt Jakutsk mit dem zwei mir beigegebenen Kosaken aufbrach.

Bis Amga, das 20 Kös entfernt ist, gelangte ich auf von Pferden gezogenen Schlitten. In Amga luden wir unser zurechtgemachtes Gepäck auf sieben bereit stehende Pferde, bestiegen selbst drei Pferde und machten uns mit zwei Führern auf den Weg.

Die Pferde waren alle fett, vor Fett waren dieselben übermüthig und warfen in einem fort die Last ab. Aus diesem Grunde und um nicht dieselben vom ersten Tage an zu erhitzen, machten wir, nachdem wir nur drei Kös Weges zurückgelegt hatten, an einem Ort, wo wir zu übernachten gedachten, Halt.

Hier nahmen die Führer vor Allem den Pferden die Last vollständig ab: hierauf schaufelten sie, bis sie auf Erde stiessen, den Schnee fort und suchten trockenes Holz zusammen. Sobald sie Feuer angemacht hatten, stopften sie Schnee und en Theekessel und in einen grossen Kessel und brachten Wasser zum Kochen.


Freitag, 18. Oktober 2013

[24] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Uda - Amga - Ochotsk - Jakutsk

Zu meiner Zurüstung gehörten Winterkleidung, dreimal zu wechseln, Sommerkleider, viermal zu wechseln, Thee, Zucker, getrocknete russische Mehlspeise (Zwieback), Fleischküchelchen, Pulver, Blei, Gewehre, ein wenig Rum und Spiritus, Fleisch, jakutische und russische Butter.

Alles dieses wurde besonders in Ledersäcke, in die 2 ½ Pud hineingehen in Holzkasten oder in Kasten von Birkenrinde gepackt; nachdem es hierauf so bedeckt worden war, dass kein Wasser eindringen konnte, wurde es mit einem starken ledernen Riemen umgebunden, so das die Last die man einem Pferde auflegte, auf keine Weise schwerer als 6 Pud war.

Es war Februar, dessunegeachtet hatte die Kälte noch nicht im Geringsten nachgelassen. Die Kälte überstieg, nach dem, Dinge, womit die Russen die Kälte messen, die Zahl dreissig, als ich aus der Stadt Jakutsk mit den zwei mir beigegebenen Kosaken aufbrach.

Bis Amga, das 20 Kös entfernt ist, gelangte ich auf von Pferden gezogenen Schlitten. In Amga luden wir unser zurechtgemachtes Gepäck auf sieben bereit stehende Pferde, bestiegen selbst drei Pferde und macht uns mit zwei Führer auf den Weg.


  Uda    Ochotsk

Quelle Text: -Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 23 -  Leipziger Universitätsverlag

Donnerstag, 17. Oktober 2013

[23] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien


Tungusen Lager

Südöstlich von der Stadt Jakutsk, in einer weit grösseren Entfernung als 100 Kös, ist eine Gegend mit Namen Udskoi, die berühmt ist wegen ihrer mannigfaltigen Jagd. 

Der Umfang dieser Gegend beträgt ungefähr 500 Kös. Die Grenze dieser Gegend stösst von einer Seite an das Meer von Ochotsk, von der zweiten Seite an das Land der Chinesen, von der dritten, vierten und fünften an die Gebiete von Nertschinsk, Olekminsk und der Changgangy.

Diese Gegend galt, weil Jakutsk ein über alle Maassen weites Gebiet ist, für eine wüste Winkelgegend. Auf der Ausdehnung dieser Gegend wurden kaum 4 bis 500 nomadische Tungusen gezählt. Sie verdienten in Folge ihres Reichtums und ihrer eigenthümlichen Verhältnisse durchaus nicht, für eine nichtssagenden Gegend gehalten zu werden.

In dieser Gegend pflegten eine Menge Jakuten und Russen den jagenden Tungusen nachzugehen und die ganze von ihnen erjagten Beute zu einem billigen Preise einzusammeln, ihre eigenen Waren aber, über alle Maasseen theuer anschlagend, jenen zu überlassen.

Hieraus entstanden allerhand Bedrückungen und Betrügereien, die die Bewohner von Udskoi zu Grunde richteten. Diese und verschiedene andere verwickelte Angelegenheiten führten zu der Nothwendigkeit, einen Beamten nach Udskoi abzuschicken. Zu dieser Sendung wurde ich bestimmt.

Zwei Monate vor meiner Abreise wurden mir viele Schreibereien übergeben. Diese Arbeit und die Zubereitungen zur Reise waren den Anfang jener grenzenlosen Mühen, die ich für die Dauer von anderthalb Jahren auf dem Wege der mir vorgeschriebenen weiten Reise erwarteten.

Quelle Text: -Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 22 -  Leipziger Universitätsverlag

Ust-Nera || Jakutien

Усть-Нера, 1960-е

Ust-Nera liegt 870 km nordöstlich der Republikshauptstadt Jakutsk, im Tscherskigebirge an der Mündung der Nera in den Mittellauf der Indigirka (das Wort ust ist vom russischen ustje, Mündung abgeleitet).

Das Klima ist ausgeprägt hochkontinental. Der Ort liegt damit in einem der kältesten bewohnten Gebiete der Erde: der „Kältepol“ Oimjakon liegt etwa 200 km südlich von Ust-Nera.Ust-Nera ist Verwaltungszentrum des Ulus (Rajons) Oimjakon.

Der Ort ist über eine befestigte Straße mit dem Zentrum der benachbarten Oblast Magadan am Ochotskischen Meer verbunden. Nach Jakutsk gibt es keine ganzjährig befahrbare Straßenverbindung. Ust-Nera hat einen Flugplatz, es besteht tägliche Verbindung nach Jakutsk
.

Der Ort entstand im Zusammenhang mit der Entwicklung des Goldbergbaus an der Kolyma und Indigirka in den 1930er Jahren und war zu frühen Sowjetzeiteneines der Zentren des Gulag in diesem Teil Sibiriens.  source

Russlands Zivilschutz befreit Schiffe aus Eisfalle in Jakutien


STIMME RUSSLANDS Der russische Zivilschutzdienst hat am Mittwoch mit einer Rettungsaktion zur Befreiung von 17 Schiffen begonnen, die im Eis des Flusses Indigirka in Jakutien (Ostsibirien) stecken geblieben sind. An Bord der Schiffe befinden sich 90 Besatzungsmitglieder.

Für die Schiffe sind nach der Rettung sichere Anlegeplätze vorgesehen, damit sie im Frühling vom Eisgang verschont bleiben. 
Die regionale Regierung hat Situation im Griff. source
Weiterlesen: http://german.ruvr.ru/news/2013_10_16/Russlands-Zivilschutzdienst-befreit-Schiffe-aus-Eisfalle-in-Jakutien-4157/

Dienstag, 15. Oktober 2013

The Ornaments of the Yakuts

[22] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Irkutsk 1736

Dann kamen aber auch die Jakuten in Jakutsk, indem sie von den Händen schwacher Beamter gehalten wurden, von Jahr zu Jahr immer mehr von ihren früheren Verhältnissen zurück. Dieses alles zusammengenommen ändert meine Gedanken an jenem Orte zu leben.

Während der Umstände, die ich erzähle, liebte mich der dort wohnende Gouverneur wie seinen eigenen Sohn. Ich verwaltete seine Kanzelei: weit entfernt demnach, mich in eine andere Stadt ziehen zu lassen, pflegte er mich nicht einmal auf eine Stunde von sich lassen. Er starb zu Jakutsk.

Sobald er gestorben war, ging ich nach Irkutsk, nachdem ich zuvor mein Haus und meine Habe verkauft und die von früherer Zeit angelaufenen Schulden abgetragen hatte.

Hier wurde ich in der Kanzelei des Gouverneurs angestellt und brachte anderthalb Jahre in Ruhe hin, indem ich 80 Rubel im Monat Gehalt erhielt und ausser dem leichten Schreiberdienst keine andere Sorgen hatte.


Montag, 14. Oktober 2013

[21] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Am frühen herbstlichen Tage, bei Anbruch der Morgendämmerung, kam der Geistliche; meine Mutter beichtete ihre Sünden, empfing das Abendmahl und nahm Abschied von allen Personen, die auf den Ruf sich versammelt hatten. Hierauf umarmte sie mich. Meine Schulter bemerkte die Kälte des Athems der Sterbenden; nach einem Augenblick sagten alle schauenden dastehenden Personen mit einer Stimme: >> Sie ist gestorben << Meine Mutter war plötzlich nicht mehr.

In der Art und Weise, wie sie lag, war auch nicht ein Ausdruck eines sterbenden Menschen: auf ihrem Gesichte hatte sich kein Zug verändert, ihr Tod unterschied sich nicht vom leisen Schlummer eines ermüdeten Menschen. Auf diese Weise hatte sie von gegen vierzig zusammengekommenen Mensch keinen Erwachsenen, kein Kind erschreckt.

Diese Leute betrachteten, ohne sich im Geringsten zu fürchten, ihre Physiognomie, die ein Lächeln der Freude angenommen hatte, gleich als wenn die Mutter sich freute über den Anblick eines in der Lichtregion der Welt des hohen Gottes bereiteten Sitzes, wenn die Seele eines sündelosen Menschen heraustritt aus dem, der Krankheit und dem Tode unterworfenen, Körper. Dies war die Art und Weise ihres Todes!

Gute Mutter! Du hast unter dieser Sonne keinen Tag ohne Noth gesehen, du hast kein glückliches Leben gelebt: dein Glück bestand einzig und allein in guten Werken. Für diese deine Werke wirst du glücklich sein in der Lichtregion jener hohen Welt, wohin der schaffende Gott den sündenlosen Menschen, der er auserwählt, zu endlosen Freuden hinsetzt.

Während deiner Lebenszeit habe ich deinen Willen nicht übertreten, auch erinnere ich mich nicht, dass ich dein gutes Herz erzürnt hatte. Du erscheinst beständig in meinen Träumen, und in diesen meinen Träumen zerstreust du meine Trauergedanken und richtest mich, wenn dein Kraft hinreicht, zu den Füssen des hellen Sitzes des hohen schaffenden Gottes!

Mit meiner Mutter begrub ich Alles, was mich auf dieser Erde erfreute. Da ich weder Bruder noch Schwester habe und ich unverheirathet bin, so ist von eben dem Tage bis zum heutigen Niemand da, der mich bedauerte an meinen dunklen Tage, der sich freute an meinen hellen Tagen: ich bin allen Menschen ein Fremdling, an jedem Ort, wohin ich komme, erscheine ich als Gast.

Danach war in Jakutsk nichts mehr übrig geblieben, was mich erfreut hätte; das ganze Land, alle Dinge, die mir früher schön erschienen, wurden mir später einzig und allein zum grössten Überdruss.


Quelle Text: -Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 16 -  Leipziger Universitätsverlag

Sonntag, 13. Oktober 2013

Tukulans || Саха (Якутия). Поля тукуланов (песчаные дюны). || Yakutia

YAKUTIA || Fotostream von Katakun || FlickR

1829.tif1992.tif1677.tif1713.tif1714.tif1727.tif
1732.tif1734.tif1783.tif1785.tif1797.tif1805.tif
1826.tif1827.tif1828.tif1830.tif1971.tif1973.tif
1982.tif1993.tif1994.tif42_0_be46c_a7b9e8e9_orig42_0_be45f_2b6e4b15_orig42_0_be46a_e046f419_orig
Katakun Fotostream auf Flickr.

[20] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Die Seen dieser Gegen waren im Laufe des Sommers mit verschiedenen Arten von Enten angefüllt, die in der Nähe befindlichen Gehölze und Wälder mit Hasen, Birk-, Hasel- und Rebhühner. Im Frühjahr, beim Fortschwimmen des Eises, und im Herbst, wenn alle diese Vögel, nachdem sie ihre Jungen zum Fluge gebracht, in die warmen Länder heimgeflogen, ging man vor dem Geschrei der Gänse, Enten, Schwäne, Kraniche, Storche und kleiner Vögel mit verschiedenen Namen seines Schlafes verlustig.

Ich habe von meinem 11-ten oder 12-ten Jahre an so viele Vögel getödtet, wie sehr wenige Menschen werden getödtet haben. Da ich Lust am Schiessen hatte, erschien mir einen noch so entfernte Gegend nahe; drei ganze Tage ohne zu schlafen auf der Jagd zuzubringen hielt ich für keine Anstrengung; von Müdigkeit wusste ich nie etwas.

Im Herbst schlief ich, auf das Weichen der nächtlichen Finsternis wartend, auf feuchtem Boden, einen Baumstamm mit unter den Kopf legend, ohne Decke und ohne Bettzeug in Kleidern ohne Fell, während Schnee und Regen von Wind begleitet über mich fielen; oder ich fing Fische, indem ich die ganze Nacht auf dem Sande, wo die Netzte ausgeworfen werden, in kalten Wasser watete. Dass ich mich auf dies Weise von Kindheit auf an Anstrengungen gewöhnt, ist mir in der Folge von Nutzen gewesen.

So lebten wir; da aber in der Folge die Nothwendigkeit eintrat, in der Stadt zu wohnen, so liess meine Mutter das Haus, das wir in Killäm bewohnten, aus einander nehmen, es in die Stadt überführen und es hier auf einen guten Platz hinzustellen, den sie sich ausgewählt hatte. Bis diese Arbeit zu Stande kam, setzte ich meinen Unterricht fort.

In meinem 16-ten Jahre trat ich in den Schreiberdienst des Kaisers in der Oberbehörde von Jakutsk. Hier stand über uns ein Herr mit Namen N.N. Dieser Herr der von geringer Herkunft war und sich auf das Schreiben nach der damaligen Art und Weise nur so obenhin verstand, galt für unentbehrlich. Indem er sich in diesem Glücke befand, schlug er die Mühe eines Menschen zu keinem Kopeken ein.

[19] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

The ornaments of the Yakuts

The ornaments of the Yakuts

Auf diese Weise erlernte auch ich Ihre Geschicklichkeiten vollkommen: weder in Geschwindigkeit noch in Gewandtheit stand ich irgend einem Jakutischem Helden nach. Ich war bekannt für mein Schiessen sowohl aus dem jakutischem Bogen als aus der Flinte; man lobte die Art und Weise, wie ich ein wildes Pferd bestieg und über das weite Feld wie der Wind dahin flog; an gewissen Zeichen an Pferde erkannte ich, ohne mich zu irren, seine Kraft, seine Geschwindigkeit, seine Raschheit und seinen Muth; kaum hatte ich ein Rind angesehen, so kannte ich, ohne es zu befühlen, seine Vorzüglichkeiten oder seine Untauglichkeit.

Weil ich  auf all derartige geringfügige Umstände Acht gab, liebten mich nicht nur die Männer, sondern auch alle Jakutischen alten Mütterchen, junge Frauen und Kinder auf eine unglaubliche Weise.

Nachdem ich auf diese Weise die Jakuten mich zu lieben veranlasst und zu ihrem Vertrauen gelangt war, war es mir unmöglich ihrer Denkungsart entgegen zu handeln, wenn ich auch zu dieser Handlungsweise geschickt und geneigt gewesen wäre.

Quelle Text: -Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 16 -  Leipziger Universitätsverlag

Samstag, 12. Oktober 2013

Sacha-Jakutien | Geschichte | Chronologie



1633-1623 kamen Kosaken, angeführt von Satnik Pijotr Beketoff von Oberlauf der Nischnjaya Tunkuska mittels Überlandtransport durch Tschetschuiskiy zum Tal der Lena.

1628  ein Winterlager wird am Ort der heutigen Stadt Ust-Kut eingerichtet; eine Festung wird innerhalb von drei Jahren gebaut.

1632 Eine befestigte Stadt wird an der Mündung des Flusses Jana gebaut

1632 Gründung der Stadt Jakutsk.

►►► Sacha-Jakutien WebSite

Donnerstag, 10. Oktober 2013

[18] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Jakute || ca. 1906

Es nahte gerade die Zeit, wo ich Kleiner in die Lehre gegeben werden musste; um zu diesem Endzwecke in der Stadt zu wohnen, fehlte uns dort ein Haus. Alles dieses zusammengenommen betrübte meine Mutter ausserordentlich. Dessen ungeachtet liess nicht ab vom Wege des Handelns. Unterdessen rechnet es mir nicht als Schuld an, wenn ich einige Worte über sie sage.

Meine Mutter konnte nicht lesen und schreiben, von Verstand war sie aber klug; die Vorzüglichkeit ihres Gedächtnissen war ohne Gleichen: sie erinnerte sich Alles von ihrem vierten Lebensalter an; was irgend sie von dieser Zeit an bis zur Vollendung ihres 70-sten Jahres gehört, hat sie niemals vergessen; ohne nachzudenken sagte sie, auf welchen Tag jeder Feiertag fiele; sie erzählte, ohne zu irren, welcher Gouverneur vor 100 Jahren, und wie viele Jahre er gelebt hatte; wenn sie nur eben nachgedacht hatte, sagte sie fehlerlos das Resultat einer Addition oder Division einer noch so grossen Geldzahl.

Sonntag, 6. Oktober 2013

[17] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Alles dies zusammengenommen erschien meinen Augen unaussprechlich schön und unendlich ausgedehnt zu sein; wie es sich mein Kindergehirn vorher nicht hatte vorstellen können. Es schien mir nur diese Gegend unter der Sonne maasslos ausgedehnt zu sein; bei diesem Gedanken konnte meine grosse Freude nicht mit Worten ausgedrückt werden.

Kaum waren wir in diese Gegend gekommen, so traf ein Unglück unser Haus: mein Vater, der bis zu seinem 72-sten Jahre niemals krank gewesen war, fiel eines Tages nach dem Mittagessen besinnungslos auf die Wandbank und übergab hierauf, ehe noch eine Stunde verflossen war, Gott seinen Geist.

Das Weinen und Trauern meiner Mutter über dieses unerwartete Unglück war ohne Maass. Dies konnte nicht anders sein, da sie ihres Alten verlustig ging, mit dem sie über 40 Jahre im besten Einverständnis gelebt hatte.

Nachdem meine Mutter meinen Vater begraben hatte, sah sie um sich herum nur beengte Verhältnisse.

Es waren acht- bis neunhundert Rubel Schulden nachgeblieben; damals galt dies für eine grosse Summe.

Nachdem man neun Jahre in Shigansk gelebt hatte, fand man von dem in Killäm zurückgebliebene Vieh nur eine sehr geringe Anzahl vor; alles übrige war durch fremde Hände auf verschiedenen Weise verloren gegangen.


Das Killämsche Haus war bis zur Verwüstung ausgeleert worden.

Quelle Text: -Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 13 -  Leipziger Universitätsverlag

Freitag, 4. Oktober 2013

[16] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Hiernach ermesset selbst, wie gross meine Verwunderung war, als ich die, Killäm genannte Gegend betreten hatte. Vor meinen Augen eröffnete sich eine mehr als ein Kös breite und mehrere Kös lange Wiese, über der die Luft mit grünlichem Schein zitterte, und die so eben wie eine Wasserfläche war.

Die allermannigfallligsten Blume ohne Zahl hatte das Ansehen, als wenn man ein grünes oder gelbes Gewebe ausgebreitet hätte.

Hier und da standen dichte Lärchen – oder Birkenwäldchen, als wenn man sie mit Künstlerhand hingesetzt hatte. Mitten durch die Wiese strich, dem reinen Sande eines mit schwarzen jähen Ufern besetzten breiten Flusses entlang, ein reines stark fliessendes Wasser hin. Die gegenüber liegende Seite dieses Flusses war mit dichtem nahrhaften Mähgras bewachsen.

Auf diesen Plätzen blitzten die grasmähenden Sensen von Hunderten von Menschen von den Strahlen der Sonne wie Silber.

Auf der weiten Fläche der Wiesen weideten zahllose Pferde und Rinder, sich vor nichts fürchtend und nach Lust umherwandelnd.

Die auf dieser Wieder immer zu zehn oder fünf stehenden, mit Lehm übertünchten Jakutenhäuser oder glänzend weissen, grossen, kegelförmigen Sommerjurten nahmen sich wie gemalt aus. Die Fenster der Jurten, aus Marienglas oder aus Glas, blitzten durch die Sonnenstrahlen aus der Ferne wie Edelsteine. Am Ende, auf einer bedeutenden Erhöhung dieses Feldes, erhob sich unser Haus wie ein hoher Hügel.


Quelle Text: -Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 11 -  Leipziger Universitätsverlag

Donnerstag, 3. Oktober 2013

[15] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

In der Mitte des verflossenen Jahrhunderts lebte in Shigansk eine Russin, mit Namen Agrippina. Meine Grossmutter kannte sie von Gesicht.

Diese Frau galt für eine grosse Zauberin: derjenigen, den sie liebte, galt für glücklich; derjenigen dem sie zürnte, hielt sich für überaus unglücklich. Ein Wort, das sie sprach, wurde so angehört, als wenn es aus der Welt Gottes gesprochen würde.

Nachdem sie auf diese Weise das Zutrauen der Menschen gewonnen hatte, baute sie sich in ihrem Alter, in einer Entfernung von 4 Kös oberhalb Shigansk, zwischen Felsen ein Häuschen und wohnte daselbst. Niemand pflegte vorüberzugehen, ohne bei ihr anzusprechen, ohne ihren Segen zu empfangen und ohne ihr irgendetwas zum Geschenk zu bringen. Diejenigen Leute, die vorbeigingen, ohne es zu thun, brachte sie, indem sie sich in einen schwarzen Raben verwandelte, sie mit einem heftigen Wirbelwinde erreichte und ihnen verschiedene Sachen in’s Wasser fallen liess, in grosses Elend, beraubte sie des Verstandes und machte sie verrückt.

Auch nach ihrem Tode bis jetzt geht man an diesem Orte nicht vorüber, ohne ein Geschenk aufzuhängen. Diese alte Frau kennen ausser den Bewohnern von Shigansk auch alle Jakuten der Umgegend von Jakutsk. Von einer recht verrückten sagt man, dass die Agrippina von Shigansk sie ergriffen habe.


Tiksi - Jakutien - Yakutia

Mittwoch, 2. Oktober 2013

Ewenen - Ewenken - Lamuten - Tungusen

Even women

Shaman - Evenks

Shigansk - Jakutien - Yakutia

[14] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Die Bewohner von Shigansk sind Tungusen, an Zahl bis 500 Menschen. Diese Leute gehen der Jagd nach, indem sie auf einem Umkreise von mehr als 200 Kös das Schneemeer durchwaten. Was die Namen ihrer Jagd anbetrifft, so sind es: das wilde Rennthier, der Schwarzfuchs, der Zobel, der Fuchs mit dunkelfarbiger Kehle, der Rothfuchs, der Eisfuchs, das Eichhörnchen, das Hermelin, der schwarze Bär, der weisse Bär (Eisbär) und das theure Thierhorn, aus dem Kamme gemacht werden Mammuthszähne).

Ein Land, es sei welches es wolle, pflegt nicht alles Schönes zu entbehren: während der zwei Sommermonate ungefähr geht die Sonne nicht unter; ein Mensch, der nicht daran gewöhnt ist, findet nicht die Zeit, da er sich schlafen legen konnte.

Die ganze Gegend von Shigansk hat seines Gleichen nicht, was Flussfischer anbetrifft, sowohl in Bezug auf Menge als auch auf Vorzüglichkeit: Salmo Nelma, Weissfleisch, Stör, Sterlet, Tschir, Muksun, Omul, Salmo Lavaretus und andere kleine Fische mit mannigfachen Namen werden in unzählbarer Menge gefangen.

Diese schöne Fische gehen scheinbar ohne Nutzen verloren und zwar aus zwei Umständen: aus Mangel an Salz, und, dann, weil sich das Volk so daran gewöhnt hat. Der Tunguse gräbt an der Stelle, wo er den Fisch fängt, eine ungefähr einen Faden tiefe Grube. Die Wände dieser Grube bedeckt er mit Rinde, auf dem Boden breitet er gleichfalls Rinde aus. Nachdem er die Eingeweide und die Knochen entfernt hat, legt er die von ihm gefangenen Fisch gedrängt voll in diese Grube.



Dienstag, 1. Oktober 2013

[13] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Denselben Sommer, ich erinnere mich nicht nach Verlauf wie vieler Monate, holten von Jakutsk gekommene Soldaten und Kosaken die Räuber in einer Entfernung von 70 Kös von Shigansk ein. Diese Ergaben sich nicht in Gute, sondern schlugen sich herum; in Folge dessen tödteten die Soldaten die grössere Hölfte derselben, die am Leben gebliebenen brachten sie nach Jakutsk.

Von dem geraubten Gute kam nur sehr weniges zum Vorschein: das Uebrige hatten sie verfaulen lassen und auf diese und jene Weise verschleudert.

Die Gegend von Shigansk entbehrt für den Blick des Menschen jeglicher Schönheit und Mannigfaltigkeit. Die Physiognomie und der Charakter des Landes dieser Art: eine zwischen zwei Bergen befindliche Enge, rundherum dichtes Gehölz, in dem die Schnauze eines Hundes nicht Raum findet; sobald du ungefähr zehn Schritte in dieses Gehölz machst, wirst du an die Kniee in kothigem weichen Grunde versinken. Von Beeren finden sich nur Preiselbeeren, schwarze Ratuschbeeren (Empetrum), rothe Johannesbeere, Steinbeeren und Hagebutten.

Die Zeit, da der Winter wüthet, wahrt acht Monate; in diesen acht Monaten fällt die warme Kleidung nicht von den Schultern des Menschen. Zwei Monate vertheilen sich auf Frühling und Herbst, für den armen Sommer bleiben vom runden Jahr mit genauer Noth nur zwei Monate nach.

Der Schnee fällt mehr als haushoch; der Wind bläst so, dass er Einem nicht gestattet auf den Füssen zu stehen; die Kälte verschliesst Einem den Athem, die Sonne zeigt sich während der zwei Wintermonate ungefährt niemals dem Auge des Menschen. Dies ist Alles. Um die Wahrheit unverhohlen zu sagen: wenn man es meinem Willen anheim gestellt hätte, würde ich für nichts Shigansk gewählt haben, um es zu meinem Geburtsort zu machen.

Quelle Text: -Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 7 -  Leipziger Universitätsverlag

[12] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Jakutsk - 17. Jahrhundert



Ich erinnere mich wie eines gestrigen Ereignisses, wie diese thierähnlichen, furchtbaren Leute ohne Nasenlöcher und mit blauen Mahlen auf den Gesichtern (1), eben zu der Zeit, als ihr zorniges schwarzes Blut vor Feuer kochte, und das Blut von der von ihnen getödteten Menschen dampfte, meinen Vater und meine Mutter umstanden, in einem Augenblick aus ihrem Schrecken erregenden Wesen in die Art und Weise gutgesinnter Menschen übergingen und aus dem Innern Ihres Herzens ihren Dank dafür abstatteten, dass jene aus Gute hülfreich waren gegen arme Leute.

Dieses Ereignis hatte nicht seines gleichen im Lande der Jakuten.

Ich erinnere mich, als wenn es gestern geschehen wäre, wie ihr Anführer, seiner Nation nach ein Georgier, ein Mann von überaus grosser Statur, der sich allerlei Waffen angehängt hatte und mit einer rothen, längs der Naht mit Silber besetzten Hose angethan war, mich auf seinem Schoosse hielt und, während er mich beständig mit Süssigkeiten bewirtete, selbst weinend dasass. Es hatte den Anschein, als wenn er sich irgendeiner Vergangenheit erinnerte.

Mein Vater und meine Mutter konnten von ihrer Seite an diesem Tag, der unerwartetes Unglück gebracht hatte, nicht anders als von Dank erfüllt sein: wenn der schwarze Gedanke des Raubes in die Köpfe dieser Leute gekommen wäre, dann wäre die gänzliche Zugrunderichtung jener offenbar gewesen.

Hierauf wurden die Räuber mit einem Frühstück satt gespeist, worauf sie um die Mittagszeit, ihre reiche Beute mit sich nehmend, auf der Lena fortschifften.

Es ist unmöglich, die damalige Trauer und das damalige Weinen aller Familien der Stadt, deren über dreissig waren, zu schildern. Als sie erst am Abend aus dem Wald, in den sie sich geflüchtet hatten, zurückkehrten, fanden sie ihre Häuser rein ausgeleert, um es mit einem Wort zu sagen, von unten zu oberst gekehrt.


(1) Es waren gebrandmarkte Verbrecher
(2) Quelle Bild: Internet

Quelle Text: -Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 6 -  Leipziger Universitätsverlag