Donnerstag, 13. Oktober 2016

[41] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij | Otto Böhtlingk und Jakutien

Tunguse encampment | Victor Adam | source 

Diese kegelfömige Jurte bewarf man rund herum mit Schnee, nur auf einer Seite, bleibe eine kleine Öffnung, damit man, wenn man sich bückte, mit genauer Noth hinein – und hinausgehen konnte. Hierauf hiebe man eine Menge feiner Zweige ab ab und breitete dieselben im Innern der Jurte rund herum hoch auf einander aus, über diese breitete man ein Lager aus fest zusammengerollten und gebundenen Thierhäuten aus, machte mit dem feingespalteten Holze in der Mitte der Jurte Feuer an und schmolz Schnee, den man in Kessel und in den Theekessel gepfropft hatte.

Bis wir diesen Schnee schmolzen, Thee und Abenbrot kochten, tranken und assen, und bis wir uns auskleideten und einschliefen, wurde es Mitternacht. Bis dahin war vom angemachten Feuer und vom Brennen des lockeren Grundes ein so fressender dichter Rauch, dass er Einem die Augen schnitt und diesen das Sehen unmöglich machte, und dass das Innere unserer Jurte nicht sichtbar war.


Als wir am Morgen, noch ehe es dämmerte, aufwachten, gruben wir unsere Kleider, die wir im Schnee verscharrt hatten, damit die Feuchtigkeit hinauszöge, wieder hervor und tranken, gleich nachdem wir uns angekleideten hatten, den Thee.

Sobald es hell wurde ergriffen die Führer ihre Fangstricke und fingen ihre Rennthiere ein. Die Art und Weise, wie man Rennthiere einfängt ist folgende: man wickelt einen, über zwanzig Faden langen, dünnen, steifen Fangstrick auf der rechten Hand so auf, dass man ihm den Umfang einer kleinen Untertasse, aus der die Russen Thee zu trinken pflegen, giebt; hält die beiden Enden in der linken Hand und wirft, in einer Entfernung von mehr als 10 Faden stehend, den so aufgewickelten Strick über die Hörner der Rennthiere; der Strick wird, ohne dass man dabei fehlte, über die Hörner des Rennthieres mit der Geschwindigkeit eines abgeschossenen Pfeiles angezogen, so dass er pfeift; sobald das Rennthier den Strick fühlt, steht es unbeweglich still; alsdann legt man ihm einen besonderen Strick um den Kopf und fängt auf dieselbe Weise die übrigen sammt und sonders ein.

Wenn der Tunguse an kalten Wintertagen diesen Fang bewerkstelligt, erfriert er sich, wenn er auch noch so gewohnt daran ist, immer die Finger.


Quelle Text: Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, S. 44 | Leipziger Universitätsverlag

 Label: Ewenken
___________________________________________

  O.N. Böhtlingk     A.Th.v.Middendorff
  Über die Sprache der Jakuten
  Sacha-Jakutien | WebSite

___________________________________________

Keine Kommentare: