Dienstag, 1. Oktober 2013

[12] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Jakutsk - 17. Jahrhundert



Ich erinnere mich wie eines gestrigen Ereignisses, wie diese thierähnlichen, furchtbaren Leute ohne Nasenlöcher und mit blauen Mahlen auf den Gesichtern (1), eben zu der Zeit, als ihr zorniges schwarzes Blut vor Feuer kochte, und das Blut von der von ihnen getödteten Menschen dampfte, meinen Vater und meine Mutter umstanden, in einem Augenblick aus ihrem Schrecken erregenden Wesen in die Art und Weise gutgesinnter Menschen übergingen und aus dem Innern Ihres Herzens ihren Dank dafür abstatteten, dass jene aus Gute hülfreich waren gegen arme Leute.

Dieses Ereignis hatte nicht seines gleichen im Lande der Jakuten.

Ich erinnere mich, als wenn es gestern geschehen wäre, wie ihr Anführer, seiner Nation nach ein Georgier, ein Mann von überaus grosser Statur, der sich allerlei Waffen angehängt hatte und mit einer rothen, längs der Naht mit Silber besetzten Hose angethan war, mich auf seinem Schoosse hielt und, während er mich beständig mit Süssigkeiten bewirtete, selbst weinend dasass. Es hatte den Anschein, als wenn er sich irgendeiner Vergangenheit erinnerte.

Mein Vater und meine Mutter konnten von ihrer Seite an diesem Tag, der unerwartetes Unglück gebracht hatte, nicht anders als von Dank erfüllt sein: wenn der schwarze Gedanke des Raubes in die Köpfe dieser Leute gekommen wäre, dann wäre die gänzliche Zugrunderichtung jener offenbar gewesen.

Hierauf wurden die Räuber mit einem Frühstück satt gespeist, worauf sie um die Mittagszeit, ihre reiche Beute mit sich nehmend, auf der Lena fortschifften.

Es ist unmöglich, die damalige Trauer und das damalige Weinen aller Familien der Stadt, deren über dreissig waren, zu schildern. Als sie erst am Abend aus dem Wald, in den sie sich geflüchtet hatten, zurückkehrten, fanden sie ihre Häuser rein ausgeleert, um es mit einem Wort zu sagen, von unten zu oberst gekehrt.


(1) Es waren gebrandmarkte Verbrecher
(2) Quelle Bild: Internet

Quelle Text: -Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 6 -  Leipziger Universitätsverlag


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  Sacha-Jakutien  

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