Samstag, 23. November 2013

[31] Erinnerungen - A.J. Uwarowskij || Otto Böhtlingk und Jakutien

Einmal hielt ich bis zur Hälfte meines Körpers im Koth stehend, unter denen auf dieser Weise gestürzten Pferde die Köpfe von drei gefallenen Pferde in die Höhe, damit sie nicht im Wasser ersticken. Während ich so stand, fiel ein neben mir versinkendes viertes Pferd so hin, dass es nicht mehr aufstehen konnte, und kaum dass es seinen Kopf zwei- bis dreimal in’s Wasser gesteckt hatte, so war es Todt, ehe man sich’s versah.

Dieser Beschwerden vermehrten sich noch durch die Schwärme von Mücken, die einen nicht atmen liessen. Inmitten dieser Mücken kam man um Essen und Trinken: kaum hattest du irgend Etwas in ein Gefäss gegossen, so füllten sie, indem sie hineinfielen, dasselbe in einem Augenblick, während du es zu deinem Mund führtest.

Es muss den Jakutischen Wegweisern das verdiente Lob erteilt werden dafür, dass die diese grosse Beschwerden, die ihnen bei jedem Schritte begegnen, ohne das geringste böse oder zornige Blut zu zeigen, ertragen, und dies bloss für einen unbedeutenden Lohn, der nicht einmal die die Hälfte ihres Mühen erreicht.

Hier muss ich bei Gelegenheit im Vorbeigehen Folgendes bemerken. Nachdem ein Wegweiser einen solchen Tag hindurch mit Beschwerden, Koth, Wasser, Sonnenhitze, Mücken, Wespen, Bremsen und mit Arbeiten, die die Kraft erfordern, bis zum Ausbruch heftigen Schweisses gekämpft hat, bessert er im Nachtquartier bis zur Mitternacht und bis die Pferde sich abgekühlt haben, das im Laufe des Tages zerbrochene Pferdegeschirr und sein eigenen Kleider aus. Hierauf bindet er die Beine seiner Pferde, lässt sie ihren Futter nachgehen und sieht, indem er immer nur eine halbe Stunde schläft, nach ihnen, damit sie nicht an einem Baume hängen bleiben und damit sie nicht ein Thier sie fresse. Ihm bleiben vom ganzen Tag nur eben mehr als 2 Stunden zum Schlafen übrig. 

Mit einem Worte: ein Wegweiser ist auf einer solchen Reise ein vom Unglück verfolgter Märtyrer.

 Quelle Text: Otto Böhtling und Jakutien, Hartmann Kästner, Seite 30 -  Leipziger Universitätsverlag
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  O.N. Böhtlingk     A.Th.v.Middendorff
  Über die Sprache der Jakuten
  Sacha-Jakutien  

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