Freitag, 19. April 2013

Magie jakutischer Klänge im Klangkosmos in Hamm

Die drei Musikerinnen des „Ayarkhaan“-Ensembles haben die alte Musik der Jakuten abseits jeglicher Touristen-Folklore wiederbelebt und führen die tönende Tradition fort.
Die drei Musikerinnen des „Ayarkhaan“-Ensembles haben die alte Musik der Jakuten abseits jeglicher Touristen-Folklore wiederbelebt und führen die tönende Tradition fort.

HAMM - Sibirien - schon der Name galt hierzulande als Synonym für kalt, dunkel und ganz weit weg. Am Dienstagabend richtete das „Klangkosmos Weltmusik“-Konzert die Scheinwerfer in der Lutherkirche auf eine musikalische Facette des kulturellen Erbes der Jakuten.

Das Turkvolk gab der Republik Jakutien im Nordosten Russlands den Namen. Das riesige Gebiet nördlich des Baikalsees gilt als Urheimat der Khomus (Maultrommel), eines der ältesten Instrumente der Menschheit, die auch am Dienstag im Fokus stand.

Die drei Musikerinnen des „Ayarkhaan“-Ensembles haben sich zum Ziel gesetzt, die alte Musik abseits jeglicher Touristen-Folklore wieder zu beleben und die tönende Tradition fortzuführen. Die Leiterin Albina Degtyareva hat sich intensiv mit der Erforschung von Repertoire und Spieltechnik der Khomus befasst und dazu die Möglichkeiten des Nasen-, Rachen- und Gaumengesangs durch die Maultrommel hindurch erweitert.
   
Beschwörend tönender Gesang füllte das Kirchenschiff und erinnerte an Gesänge von Mongolen oder nordamerikanischen Indianern. Bereits hier wurden die spirituellen Wurzeln dieser Klänge fühlbar, einer Musik, die dem Schamanen die Kommunikation mit den Geistern, Elementarkräften oder nicht menschlichen Wesen ermöglichte.

Die Intensität nahm zu, als der meditative bis rhythmisch pulsierende Klang der Khomus dazukam. Eine manuell angeschlagene, elastische Metallzunge schwingt zwischen den geöffneten Zahnreihen, variiert wird der Ton durch Veränderung der Mundhöhle, der Atmung und des Anschlags.

Degtyareva, Saisary Kharitonova und Alisa Savvinova erzeugten mit diesem schlichten Gerät plus ihren Stimmen eine Klangwelt, die den rund 150 Klangkosmos-Freunden unter die Haut ging. Tundra-Töne erfüllten die Kirche: Wind strich über das Gras, ein Wolf heulte, Pferde wieherten - unterschiedliche Vogelstimmen wie Eulenruf und Kuckucksgesang klangen täuschend echt.

Fast schien es, als ob das Pulsieren der Khomus im Verbund mit den beschwörenden Stimmen alles herbeirief und belebte - Erschaffung der Welt durch Klang. Diese Ebenen sind den meisten Menschen hierzulande nach der frühkindlichen Phase nicht mehr zugänglich.

Die stetig zunehmende Begeisterung der Zuhörer zeigte, dass diese von den Klängen ausgehende Magie nach einer kurzen Zeit des Hineinhörens auch hier wirksam ist, wo Musik meist nur noch der Unterhaltung dient.

Von Werner Lauterbach - Source